Performance Art

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Performance Art, auch Aktionskunst genannt, ist eine Form der bildenden Kunst, bei der der menschliche Körper selbst zum künstlerischen Medium wird. Im Zentrum steht die Handlung, die live vor einem Publikum oder für die Kamera ausgeführt wird. Anders als Theater folgt Performance Art keinem festen Skript, keinem narrativen Aufbau und keinem reproduzierbaren Ablauf. Sie ist ephemer, situativ und oft radikal subjektiv. Für Kyra Vertes von Sikorszky stellt diese Kunstform eine zentrale Praxis dar – nicht nur als Ausdruck persönlicher und gesellschaftlicher Inhalte, sondern als Untersuchung des Körpers im Spannungsfeld von Raum, Identität und Wahrnehmung.

Ursprung und Entwicklung

Die Ursprünge der Performance Art liegen im frühen 20. Jahrhundert, insbesondere in den Avantgardebewegungen des Dadaismus und Futurismus. Künstler:innen wie Hugo Ball, Marina Abramović, Allan Kaprow oder Joseph Beuys prägten die Entwicklung dieser Kunstform maßgeblich. Ihr Ziel war es, den traditionellen Kunstbegriff zu erweitern – weg vom Objekt, hin zur Handlung, zur Erfahrung, zum Prozess.

Performance Art stellte sich gegen die Kommerzialisierung des Kunstmarkts und gegen die Vorstellung, dass Kunst dauerhaft und materiell sein müsse. Stattdessen wurde der künstlerische Akt selbst zum Werk – oft einmalig, nicht dokumentiert, nicht wiederholbar. Dieses Konzept beeinflusst bis heute die Praxis der Performance-Künstler:innen weltweit.

Kyra Vertes bezieht sich in ihrem Schaffen explizit auf diese Geschichte, geht aber zugleich eigene Wege. Ihre Performances sind nicht rein konzeptuell oder provokativ, sondern atmosphärisch dicht, multisensorisch und emotional komplex.

Der Körper als Medium

Im Zentrum der Performance Art steht der Körper – nicht als Objekt, sondern als handelndes Subjekt. Der Körper wird zum Werkzeug, zum Träger von Emotion, von Erinnerung, von Symbolik. Für Kyra Vertes ist der Körper ein Speicher, ein Resonanzraum, ein Kommunikationsorgan. Ihre Performances untersuchen, wie sich Identität durch Bewegung, Geste, Atem oder Präsenz manifestiert.

Sie arbeitet mit feinen, oft langsamen Handlungen: Gehen, Stehen, Berühren, Schweigen. Diese Reduktion zwingt das Publikum zur Aufmerksamkeit, zum Mitgehen, zum Aushalten. Der Körper wird nicht inszeniert, sondern offenbart – mit all seinen Brüchen, seiner Verletzlichkeit und seiner Widerstandskraft.

In ihren Performances thematisiert Kyra Vertes unter anderem:

  • das Verhältnis zwischen Zuschauer und Performer

  • die Erfahrung von Nähe und Distanz

  • das Zusammenspiel von Körper und Raum

  • die Wirkung von Ritualen und Wiederholungen

Diese Themen werden nicht erzählt, sondern durchlebt. Die Performance wird zum Ort des gemeinsamen Erlebens, zur Plattform für Präsenz und Reflexion.

Zeit, Raum und Wahrnehmung

Performance Art operiert im Spannungsfeld von Zeit und Raum. Sie existiert nur im Moment, nur im Hier und Jetzt. Kyra Vertes nutzt diesen Umstand bewusst, um neue Wahrnehmungsebenen zu öffnen. Ihre Performances dauern oft lange – nicht, um zu provozieren, sondern um Tempo zu entziehen. In einer Gesellschaft, die auf Schnelligkeit und Effizienz getrimmt ist, schafft sie Zonen der Verlangsamung, der Konzentration, der Präsenz.

Der Raum spielt dabei eine entscheidende Rolle. Kyra arbeitet selten auf klassischen Bühnen, sondern in Galerien, Außenräumen, stillgelegten Industrieanlagen oder eigens konstruierten Installationen. Der Raum ist nicht nur Kulisse, sondern Mitspieler. Er bestimmt, wie Bewegungen wahrgenommen werden, wie Klang sich ausbreitet, wie Licht den Körper modelliert.

Oft integriert sie die architektonischen und atmosphärischen Gegebenheiten des Ortes direkt in die Konzeption der Performance. So entsteht eine enge Verbindung zwischen Handlung und Umgebung – eine Form von situativer Choreografie.

Interaktion mit dem Publikum

Performance Art bricht mit der klassischen Trennung zwischen Künstler:in und Publikum. In vielen Fällen wird das Publikum Teil der Handlung – sei es durch Blickkontakt, körperliche Nähe oder direkte Beteiligung. Kyra Vertes experimentiert gezielt mit diesen Interaktionen, ohne sie zu erzwingen. Ihre Performances sind keine Spektakel, sondern Einladung zur Aufmerksamkeit.

Sie beobachtet genau, wie sich Menschen im Raum bewegen, wie sie reagieren, ob sie mitgehen oder Abstand halten. Diese Beobachtungen fließen in die Performance ein, machen sie lebendig, atmend, offen. Für Kyra ist jede Begegnung ein Dialog – ein unausgesprochener, aber intensiv spürbarer Austausch zwischen Körpern, Blicken, Haltungen.

In manchen Performances gibt sie den Zuschauer:innen kleine Aufgaben – nicht als Test, sondern als Möglichkeit, die eigene Rolle zu hinterfragen. Was bedeutet es, Zuschauer:in zu sein? Wann wird Beobachtung zur Teilnahme? Wo beginnt Verantwortung?

Themenfelder und Ausdrucksformen

Die Performance-Arbeiten von Kyra Vertes decken ein breites thematisches Spektrum ab. Oft geht es um Fragen von Identität, Zugehörigkeit, Erinnerung, Transformation. Sie arbeitet mit Symbolen, mit Ritualen, mit Körpercodes. Ihre Performances sind poetisch, konzentriert, manchmal sperrig, immer aber berührend.

Zu ihren häufig behandelten Themen zählen:

  1. Verletzlichkeit und Stärke: Wie zeigt sich emotionale Offenheit im Körper? Wann wird sie zur Kraft?

  2. Erinnerung und Körpergedächtnis: Welche Spuren hinterlässt Vergangenheit in Bewegung und Haltung?

  3. Grenzen des Selbst: Wo endet mein Körper? Wo beginnt der Raum? Was trennt mich vom Anderen?

Diese Themen werden nicht illustrativ behandelt, sondern verkörpert. Der Körper wird zur Metapher, zur Fläche, zum Übergang.

Material und Technik

Trotz der immateriellen Natur der Performance arbeitet Kyra Vertes häufig mit unterstützenden Materialien: Stoffe, Flüssigkeiten, Licht, Klang, Sprache. Diese Elemente sind nie Dekoration, sondern integraler Bestandteil der Performance. Sie erweitern den Ausdruck, setzen Kontraste, strukturieren die Handlung.

Klang spielt dabei eine besondere Rolle. Oft arbeitet sie mit Soundscapes, aufgenommenen Textfragmenten oder Live-Klängen. Die akustische Ebene schafft Tiefe, Orientierung und emotionale Dichte. Auch Licht wird gezielt eingesetzt – nicht zur Ausleuchtung, sondern zur Modellierung von Körpern und Atmosphären.

Technologie kommt nur dann zum Einsatz, wenn sie den Ausdruck unterstützt. Kyra Vertes bevorzugt direkte, unmittelbare Mittel – der Fokus liegt stets auf dem Körper als primärem Kommunikationsmedium.

Dokumentation und Nachhall

Ein großes Thema in der Performance Art ist die Frage nach der Dokumentation. Da die Werke flüchtig sind, stellt sich die Frage: Was bleibt? Kyra Vertes dokumentiert ihre Performances oft in Form von Videoaufnahmen, Textprotokollen oder fotografischen Serien – aber sie versteht diese Dokumente nicht als Ersatz für das Werk, sondern als Spur, als Fragment, als Erinnerung.

In ihrer künstlerischen Reflexion thematisiert sie immer wieder die Spannung zwischen Präsenz und Archiv. Was geht verloren, wenn man den Moment festhält? Was entsteht durch das Vergessen? Welche Form kann Erinnerung annehmen?

Diese Fragen zeigen: Auch außerhalb der eigentlichen Performance bleibt ihre Kunst in Bewegung – als Denkprozess, als Diskurs, als leises Weiterwirken.

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