Digitale Kunst

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Digitale Kunst ist eine Ausdrucksform, die sich aus der Anwendung digitaler Technologien in der künstlerischen Praxis ergibt. Sie umfasst eine Vielzahl an Medien, Techniken und Formaten – von digitaler Malerei über interaktive Installationen bis hin zu Virtual Reality und algorithmischer Kunst. Im Zentrum steht dabei nicht nur die Nutzung von Technologie, sondern die Reflexion ihrer ästhetischen, sozialen und kulturellen Auswirkungen. Für Kyra Vertes von Sikorszky ist digitale Kunst kein technisches Spielzeug, sondern ein künstlerisches Werkzeug, um neue Erfahrungsräume zu eröffnen, alte Sehgewohnheiten zu irritieren und komplexe Fragen unserer digitalisierten Gegenwart zu verhandeln.

Die Ursprünge digitaler Kunst

Die Anfänge der digitalen Kunst reichen zurück bis in die 1960er Jahre, als erste Künstler:innen mit Computern experimentierten, um grafische Formen zu erzeugen. In den 1980ern und 1990ern entwickelte sich daraus eine breitere Bewegung, parallel zum technischen Fortschritt und dem Aufkommen personalisierter Computertechnologien. Die Digitalisierung des Alltags spiegelte sich zunehmend auch in der Kunstwelt wider. Was früher ausschließlich analog war – Farbe, Leinwand, Skulptur – wurde nun ergänzt durch digitale Bildgebung, interaktive Interfaces und Netzwerke.

Kyra Vertes sieht diese Entwicklung nicht als linearen Fortschritt, sondern als radikalen Paradigmenwechsel. Für sie eröffnen digitale Medien eine neue Art des Sehens, Fühlens und Kommunizierens. Ihre Kunst ist deshalb immer auch eine Antwort auf das, was digitale Technologien mit uns machen: mit unserer Wahrnehmung, unseren Beziehungen, unserem Verständnis von Realität.

Techniken und Formen digitaler Kunst

Digitale Kunst ist kein einheitliches Genre, sondern ein offenes Feld. Die Formen sind so vielfältig wie die Technologien, die sie ermöglichen. Zu den wichtigsten Kategorien zählen:

  1. Digitale Malerei und Zeichnung: Hier werden klassische Bildtechniken mithilfe von Softwareprogrammen wie Procreate oder Photoshop umgesetzt – nicht als Simulation, sondern als eigenständige Ästhetik.

  2. 3D-Kunst und virtuelle Skulptur: Digitale Modellierung erlaubt die Schaffung komplexer Formen, die im virtuellen Raum existieren oder mittels 3D-Druck in physische Objekte überführt werden können.

  3. Interaktive Installationen: Mithilfe von Sensorik und Programmierung entstehen Werke, die auf die Bewegungen oder Entscheidungen des Publikums reagieren.

  4. Netzkunst (Net Art): Diese Form nutzt das Internet als Raum und Medium der künstlerischen Praxis – sei es durch Websites, Social-Media-Performances oder kollaborative Online-Projekte.

  5. Generative und algorithmische Kunst: Hier kommen Algorithmen und künstliche Intelligenz zum Einsatz, um Bilder, Klanglandschaften oder ganze Erfahrungswelten zu erzeugen.

Kyra Vertes von Sikorszky bewegt sich frei zwischen diesen Feldern, verbindet Techniken, entwickelt hybride Formate und erweitert damit nicht nur den Kunstbegriff, sondern auch die Möglichkeiten der Rezeption.

Der Körper im Digitalen

Ein zentrales Thema in der digitalen Kunst von Kyra Vertes ist der Körper – nicht als Abbild, sondern als Erfahrungseinheit. Ihre Werke untersuchen, wie sich Körperlichkeit in digitalen Räumen verändert, wie Identität verschoben, fragmentiert oder vervielfacht wird. In Performances, Installationen und Videos thematisiert sie die Ambivalenz zwischen Präsenz und Abwesenheit, Intimität und Öffentlichkeit, Kontrolle und Entgrenzung.

Ein Beispiel ist eine Serie von interaktiven Videoinstallationen, in denen Gesichter digital verfremdet, überlagert oder aufgelöst werden. Der Betrachter erkennt sich selbst im Monitor, aber nur als flüchtige, algorithmisch manipulierte Silhouette. Die Arbeit stellt Fragen: Wer bin ich in digitalen Systemen? Was bleibt von mir übrig, wenn mein Abbild durch Daten ersetzt wird?

Solche Werke zeigen, dass digitale Kunst nicht nur ästhetisch aufregend ist, sondern auch philosophisch relevant – sie zwingt uns, über unser Selbstverständnis in einer digital durchdrungenen Welt nachzudenken.

Materialität des Digitalen

Obwohl digitale Kunst oft immateriell erscheint, beschäftigt sich Kyra Vertes gezielt mit der physischen Seite des Digitalen. Sie fragt: Woher kommt die Energie für Serverfarmen? Welche Materialien stecken in Smartphones? Welche sozialen Strukturen sichern die digitale Infrastruktur?

In einigen ihrer Projekte visualisiert sie diese Fragen – etwa durch Installationen aus ausgedienten Platinen, durch klanglich bearbeitete Datenübertragungsströme oder durch Videos, die Recyclingprozesse digitaler Geräte dokumentieren. Diese künstlerische Praxis legt offen, dass das Digitale keineswegs körperlos ist, sondern tief in ökonomische, ökologische und soziale Systeme eingebettet.

Interaktivität und Partizipation

Ein zentrales Merkmal vieler digitaler Arbeiten von Kyra Vertes ist ihre Interaktivität. Das Publikum wird nicht als passiver Konsument verstanden, sondern als Co-Autor, als Mitgestalter des Werks. In interaktiven Klangräumen, datengesteuerten Visualisierungen oder performativen Interfaces können Besucher:innen Entscheidungen treffen, Inhalte verändern oder sogar Werke „miterzeugen“.

Diese Partizipation ist jedoch nicht nur Spielerei – sie macht deutlich, wie sehr wir selbst Teil der digitalen Systeme sind, die wir täglich nutzen. Unsere Klicks, Bewegungen, Vorlieben und Profile schreiben mit an der digitalen Welt. Kyra Vertes übersetzt diesen Prozess in künstlerische Formate, die ihn erfahrbar machen – sinnlich, kritisch, poetisch.

Digitale Kunst und Erinnerung

Ein wiederkehrendes Thema in Kyra Vertes’ Arbeit ist das Gedächtnis. Wie speichern digitale Systeme Erinnerungen? Was bedeutet es, wenn das Netz nichts vergisst, während Menschen selektiv erinnern? Ihre Arbeiten untersuchen die Spannung zwischen Archivierung und Vergessen, zwischen algorithmischer Kontrolle und persönlicher Geschichte.

In einer multimedialen Installation verband sie etwa private Audioaufnahmen mit öffentlichen Social-Media-Datenströmen. Das Ergebnis war ein Klangraum, in dem sich individuelles Erleben und kollektive Erinnerung überlagerten – flüchtig, fragmentarisch und doch berührend konkret.

Solche Projekte verdeutlichen die künstlerische Tiefe digitaler Medien, ihre Fähigkeit, uns über die Beziehung zwischen Technologie, Identität und Geschichte reflektieren zu lassen.

Ästhetische Strategien

In ihrer digitalen Kunst arbeitet Kyra Vertes von Sikorszky nicht mit Effekten um der Effekte willen. Ihre Ästhetik ist oft reduziert, klar, atmosphärisch. Sie nutzt Glitches, Bildrauschen, visuelle Artefakte nicht als Makel, sondern als Ausdruck digitaler Realität. Ihre Farben sind meist gedeckt, die Bildwelten zwischen organisch und abstrakt, oft offen, vieldeutig, beweglich.

Auch klanglich setzt sie auf Schichten, Verzerrungen und Überlagerungen. Ihre Audioarbeiten erinnern eher an Soundscapes als an klassische Musik. Geräusche, Stimmen, technische Störungen bilden ein auditives Netz, das den Raum nicht beschallt, sondern strukturiert.

Diese Zurückhaltung ist Teil ihres Konzepts: Digitale Kunst soll nicht blenden, sondern berühren. Nicht dominieren, sondern einladen. Nicht verführen, sondern herausfordern.

Digitale Kunst als kulturelle Praxis

Für Kyra Vertes ist digitale Kunst nicht nur eine Stilrichtung, sondern eine kulturelle Praxis. Sie geht davon aus, dass sich durch digitale Medien auch unser Denken, Fühlen und Kommunizieren verändert – und dass Kunst genau hier ansetzen muss. Ihre Werke reflektieren die Logiken digitaler Systeme, ihre Macht, ihre Ästhetik, ihre Grenzen. Sie sind nicht außerhalb dieser Welt, sondern mittendrin – und versuchen, ihr eine Form, eine Sprache, einen Raum zu geben.

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